- Das Europäische Parlament hat gestern über den Digital Services Act (DSA) abgestimmt, welcher die Regeln für das Verhalten im digitalen Raum festlegt.
- Die Abstimmung wurde mit einer breiten Mehrheit angenommen: 530 zu 78 Stimmen, bei 80 Enthaltungen.
- Während der DSA darauf abzielt, marktbeherrschende Plattformen zu regulieren, werden kleinere Plattformen nicht automatisch ausgenommen. „Die Beweislast den KMU aufzubürden, ist unverhältnismäßig“, sagt Dr. Oliver Grün, Präsident des Bundesverbandes IT-Mittelstand e.V. (BITMi) und der European DIGITAL SME Alliance.
Der Digital Services Act (DSA) wurde am Donnerstag vom Plenum des Europäischen Parlaments in einer Abstimmung angenommen. „Online-Plattformen sind in unserem täglichen Leben immer wichtiger geworden und bringen neue Möglichkeiten, aber auch neue Risiken mit sich. Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass das, was offline illegal ist, auch online illegal ist“, sagte die Abgeordnete Christel Schaldemose, die das Gesetzgebungsverfahren leitet. „Wir brauchen klare Regeln für das digitale Umfeld. Die Wettbewerbsfähigkeit digitaler Unternehmen sollte jedoch unser Hauptanliegen bleiben, und einige der eingeführten Regeln stellen eine unverhältnismäßige Belastung für den Mittelstand dar“, sagt Dr. Oliver Grün, Präsident des Bundesverbandes IT-Mittelstand e.V. (BITMi) und der European DIGITAL SME Alliance.
Zur Erinnerung: Im Jahr 2020 schlug die Europäische Kommission diesen Rechtsakt vor, um die zunehmende Verbreitung von illegalen Produkten und Inhalten im Internet zu bekämpfen. Der Rechtsakt überarbeitet den durch die sogenannte E-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2000 gesetzten Rahmen, der sicherstellte, dass „Vermittler“, d. h. Online-Marktplätze und andere Arten von Plattformen, aber auch Hosting-Anbieter, nicht für die von ihnen gehosteten Inhalte verantwortlich gemacht werden können. Dies bedeutet, dass z. B. YouTube nicht für illegale Inhalte verantwortlich gemacht werden kann, die von Nutzern hochgeladen werden, und dass Amazon nicht für unsichere Produkte verantwortlich gemacht werden kann, die über die Plattform verkauft werden. Mit dem DSA wird diese Regelung nun aktualisiert: Sie zielt darauf ab, Anbieter digitaler Dienste für illegale Produkte und Inhalte zur Rechenschaft zu ziehen, wobei die wichtigsten Grundsätze der E-Commerce-Richtlinie (begrenzte Haftung, Verbot der allgemeinen Überwachung, Herkunftslandprinzip) beibehalten werden.
Wie wirkt sich der DSA auf den Mittelstand aus?
Der von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Gesetzestext sah je nach Größe der Plattform unterschiedliche Verpflichtungen vor. „Wir sind enttäuscht, dass das Europäische Parlament in einigen Teilen des Textes von diesem Grundsatz abgewichen ist“, sagt Sebastiano Toffaletti, Generalsekretär der DIGITAL SME Alliance. Insbesondere müssen Mikro- und Kleinunternehmen nun eine Ausnahmegenehmigung beantragen, um von einigen der Bestimmungen ausgenommen zu werden, und nachweisen, dass sie kein „erhebliches Systemrisiko“ darstellen (Artikel 16). „Dies stellt eine unverhältnismäßige Belastung für kleinere Unternehmen dar, da die Beweislast auf sie verlagert wird“, so Dr. Grün.
Unternehmen sollten sich über einige der neuen Anforderungen informieren, die sie betreffen, wenn sie z. B. einen Online-Marktplatz anbieten. So wird beispielsweise ein „Know-Your-Business-Customer“-Grundsatz für Marktplätze eingeführt (Artikel 22), der auch für kleine Unternehmen gilt. Wenn ein Marktplatz feststellt, dass einer seiner Händler ein illegales Produkt oder eine illegale Dienstleistung verkauft, muss die Plattform das Produkt oder die Dienstleistung entfernen, die zuständigen Behörden informieren und die Nutzer, die das Produkt oder die Dienstleistung erworben haben, informieren. Darüber hinaus müssen sie eine Liste aller illegalen Artikel zur Verfügung stellen, die im vergangenen Jahr entfernt wurden.
Nach einer langen Debatte über ein mögliches vollständiges Verbot gezielter Werbung stimmte das Europäische Parlament dafür, gezielte Werbung für Minderjährige einzuschränken. Außerdem sollten die Plattformen den Nutzern die Möglichkeit geben, Tracking abzulehnen, um personalisierte Inhalte in den von ihnen genutzten Diensten zu sehen, und mindestens ein „Empfehlungssystem“ (d. h. den Algorithmus, der zum Sortieren und Anzeigen von Informationen verwendet wird) anbieten, das nicht auf Profiling basiert. Einige dieser Regeln können bedeuten, dass die Nutzer zusätzliche personenbezogene Daten angeben müssen, um Zugang zu den Plattformen zu erhalten, z. B. um das Alter der Nutzer zu überprüfen. Dies kann dazu führen, dass große Plattformen noch mehr personenbezogene Daten erhalten.
Was sind die nächsten Schritte?
Nach der Abstimmung im Europäischen Parlament wird die Angelegenheit an die Mitgliedstaaten weitergegeben, die den Vorschlag in den nächsten Monaten im Rat der EU diskutieren und darüber abstimmen werden. „Wir hoffen, dass die Mitgliedstaaten mit der Europäischen Kommission und dem Parlament zusammenarbeiten werden, um einige der Bestimmungen unter Berücksichtigung der Interessen des Mittelstands weiter zu optimieren“, sagte Dr. Oliver Grün.
Als Stimme der kleinen und mittleren Unternehmen im digitalen Sektor begrüßt der BITMi klare Regeln für den digitalen Raum, die dazu beitragen, die Verbreitung illegaler Waren und Inhalte zu verhindern. „Damit sich ein gesunder und ausgewogener digitaler Raum entwickeln kann, brauchen wir klare Regeln. Noch wichtiger ist jedoch, dass wir sicherstellen, dass kleinere Plattformen wachsen können, um die etablierten Plattformen herauszufordern und den Internetnutzern Alternativen zu bieten. Daher muss jede Rechtsvorschrift, insbesondere im digitalen Bereich, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen unterstützen, da sie das Rückgrat der europäischen (digitalen) Wirtschaft sind“, so Dr. Oliver Grün.