Auf vorhandene Kommunikationstechniken aufbauend, wie dem Internet, stellt das Internet der Dinge (IoT) den nächsten Schritt in Richtung Digitalisierung dar. Menschen und Objekte werden miteinander durch Kommunikationsnetze innerhalb und quer, über private, öffentliche und industrielle Bereiche hinweg, verbunden und können über ihren Zustand und/oder über den Zustand ihrer Umgebung informieren.
Das Internet der Dinge wird als einer der Wegbereiter der nächsten industriellen Revolution angesehen.
Quelle: [1]
Laut Schätzungen wird die Anzahl der IoT Verbindungen innerhalb der Europäischen Union bis zum Jahr 2020 auf fast 6 Milliarden ansteigen. Man erwartet, dass diese Steigerung der Vernetzung enorme wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Neue innovative IoT Dienste, Applikationen und Produkte werden erwartet, die durch bereichsübergreifendes Zusammenwirken, Selbstkonfigurierung und sogar durch das Treffen eigenständiger Entscheidungen unser tägliches Leben einfacher gestalten sollen.
Das Internet der Dinge verkörpert die nächste grundlegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationswelle, die durch das Internet ermöglicht wird. Mit dem IoT können ein beliebiges physikalisches Objekt (z.B. ein Thermostat oder ein Motorradhelm) sowie ein virtuelles Objekt (z.B. eine Repräsentanz eines realen Objektes in einem Computersystem) mit anderen Objekten und auch mit dem Internet verbunden werden. Damit wird eine Struktur sowohl zwischen Dingen als auch zwischen Menschen und Dingen geschaffen.
Das IoT kann die physikalischen und die virtuellen Welten zu einem neuen smarten Umfeld verknüpfen, das abtastet, auswertet und sich anpasst, und das unser Leben einfacher, sicherer, effizienter und benutzerfreundlicher machen kann.
IoT Interessenvertreter betonen, dass ein funktionierender Binnenmarkt der Schlüssel zu einer großflächigen Anwendung des IoT in Europa ist. Dies würde gewährleisten, dass sich IoT Geräte und Dienste übergangslos und auf einer Plug-and-Play Grundlage überall in Europa verbinden und sich ohne Hürden über nationale Grenzen hinweg verbreiten können.
IoT Technologien sind Wegbereiter für den digitalen Binnenmarkt (Digital Single Market, DSM), der einen potentiell bedeutsamen Einfluss auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum haben wird und die Voraussetzungen zur Bereitstellung und Kommerzialisierung von IoT Technologien und Applikationen innerhalb von Europa und auf internationalen Märkten schafft.
Die Strategie der Europäischen Kommission hinsichtlich des digitalen Binnenmarktes unterstreicht die Notwendigkeit, Fragmentierung zu vermeiden und die Interoperabilität für das IoT zu unterstützen, um dessen Potential auszuschöpfen.
Um alle Schlüsselelemente der Technologie und der Wertschöpfungskette sowie deren Integration in horizontale Plattformen zu meistern, ist auch eine fokussierte Standardisierungstätigkeit zur Bereitstellung von Referenzarchitekturen und -plattformen erforderlich.
Der Europäische Rat sieht enorme wirtschaftliche Möglichkeiten voraus und hat deshalb im Jahr 2013 das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation beschlossen, genannt “Horizon 2020”, das den Zeitraum von 2014-2020 abdeckt.
Um das Entstehen des IoT zu unterstützen, hat die Europäische Kommission einige Aktionen festgelegt, die bereits unter dem Horizon 2020 Rahmenprogramm gestartet wurden.
Zwei Beispiele:
- Die Kommission investiert mehr als 100 M€ in nachfragegesteuerte IoT Großprojekte (Large Scale Pilots). Diese sollen IoT Technologien und Ansätze durch tatsächliche Bereitstellungen in großem Rahmen bewerten.
- Die Europäische Kommission beauftragte ETSI (European Telecommunications Standards Institute) mit der Unterstützung dieser Großprojekte durch eine Studie über die Landschaft der IoT Standards und die Lückenanalyse für Europäische IoT Großprojekte (IoT Standards landscaping and IoT European Large Scale Pilots (LSP) gap analysis).
Das zuständige ETSI Technische Komitee SmartM2M gründete deshalb im Oktober 2015 eine Experten Task Force, die STF505 [2].
Die STF505 ist eine von Herrn Joachim Koss geleitete Gruppe von Experten, die von der Europäischen Kommission unter dem “Rolling plan on ICT standardization” in Zusammenarbeit mit der Europäischen Multi-Stakeholder Platform (MSP) finanziert und durch ETSI unterstützt wurde. Sie wurde beauftragt, einerseits eine Analyse zur Landschaft der IoT Standardisierung durchzuführen (insbesondere in Verbindung mit der AIOTI, Alliance for Internet of Things Innovation) und andererseits Lücken in der IoT Standardisierung zu identifizieren.
Die Studie berücksichtigt „vertikale“ Funktionalitäten (Standards und Protokolle) in speziellen Applikationsbereichen, z.B. eine einzelne vertikale Industrie wie Home Automation, Smart Mobility und tragbare medizinische Geräte, und “horizontale” Funktionalitäten, die nicht für einen bestimmten Bereich spezifisch sind, aber darauf abzielen, gemeinsame Standards, Protokolle und Lösungen bereitzustellen, die für möglichst viele Industrien anwendbar sind.
Die beiden angeforderten technischen Berichte der Studie wurden im Oktober 2016 veröffentlicht:
- „SmartM2M: IoT Standards landscape and future evolutions“ (TR 103 375 [3])
Die Analyse der Standardisierungslandschaft liefert eine Liste von bestehenden standardisierten Technologien, die zur Wiederverwendung durch die IoT Großprojekte (LSPs) vorgeschlagen wird. Mehr als 320 Standards wurden identifiziert und gelistet. Hiervon sind 150 auf verschiedene IoT Bereiche wie Smart Living, Smart Mobility, Smart Cities gemeinsam anwendbar. - „SmartM2M: IoT Large Scale Pilots (LSPs) use cases and standards gaps“ (TR 103 376 [4])
Die Identifizierung von Lücken in technischen Standards, gesellschaftlichen Bereichen und Geschäftsfeldern liefert einen guten Anhaltspunkt zum Reifegrad der Standardisierung in einem vertikalen Bereich. Ungefähr 50 prägnante Lücken wurden identifiziert, fast 50% von ihnen in den Bereichen Sicherheit und Datenschutz, Konnektivität, Daten-Interoperabilität und Dienste-Plattformen.
Die Experten Task Force STF505 organisierte zwei Workshops, um ihre Arbeitsergebnisse zu verbreiten und gab Empfehlungen zum weiteren Vorgehen.
- ETSI Workshop “Internet of Things in the Smart Home”, 21.-22. März 2016 [5],
Ein Workshop zum Thema Smart Home, der verschiedene Bereiche von IoT Großprojekten abdeckte, wie z.B. Smart Living, eHealth, Wearables und Smart Cities - European Commission Workshop ”Internet of Things Standards Landscaping and Gap Analysis Workshop”, 07. Februar 2017 [6],
Ein Workshop, der auf die Präsentation der Task Force Ergebnisse und deren Anwendung durch die IoT Großprojekte ausgerichtet war, die die Ausschreibung der Europäischen Kommission gewonnen haben.
Die Experten Task Force STF505 hat seine Arbeit im März 2017 beendet.
Schlussbemerkung
Das Internet der Dinge ist eine im Kommen befindliche Technologie, die bis zum Jahr 2020 Milliarden von Objekten wie z.B. Haushaltsgeräte, tragbare Elektronik, Fahrzeuge und Sensoren mit dem Internet verbinden wird.
Neben dem Innovationspotential in vielen Industriesparten hat das IoT auch das Potential, viele gesellschaftliche Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcen- und Energieeffizienz sowie das Altern anzusprechen.
Derzeitig ist die IoT Landschaft jedoch fragmentiert, weil es viele proprietäre und halb-geschlossene Lösungen entlang einer Vielzahl bestehender Standards gibt. Dies kann Innovationen begrenzen, die mehrere Applikationsgebiete umfassen. Implementierungen im großen Stil und Validierung von übergreifenden Lösungen und Standards sind der Schlüssel zu Interoperabilität, Zuverlässigkeit und Sicherheit.
Die Europäische Union benötigt einen offenen Plattformansatz, der mannigfaltige Applikationsbereiche unterstützt und vertikale Silos durchquert, um wettbewerbsfähige IoT Ökosysteme hervorzubringen. Dies erfordert offene Standards, die die gesamte Wertschöpfungskette unterstützen, indem sie mehrere Technologien integrieren.
Das Internet der Dinge benötigt plattform-basierte Integrationen, die offenen Standards folgen. Standardisierte, horizontal angelegte Protokoll-Layer und Plattformen (d.h. gemeinschaftliches Anwenden durch die vertikalen Applikationsbereiche) stellen Interoperabilität bereit und damit den bereichsübergreifenden Datenaustausch.
Quellen und Links
[1] SWD(2016) 110/2 – Commission Staff Working Document, Advancing the Internet of Things in Europe, Brüssel, 19.04.2016
[2] https://portal.etsi.org/stf.aspx?tbid=595
[3] http://www.etsi.org/deliver/etsi_tr/103300_103399/103375/01.01.01_60/tr_103375v010101p.pdf
[4] http://www.etsi.org/deliver/etsi_tr/103300_103399/103376/01.01.01_60/tr_103376v010101p.pdf
[5] http://www.etsi.org/news-events/events/1047-2016-02-iotinthesmarthome