Joshua Luft Keine Kommentare

Mit „M&A für die Digitalbranche“, also dem Zusammenbringen von Käufern und Verkäufern von IT-Unternehmen, füllte die Firma match.IT vor zehn Jahren eine echte Nische am deutschen Beratermarkt. Seitdem ist viel passiert in der Welt der Informationstechnologie und auch das Unternehmen um Gründer und Geschäftsführer Ralf Heib hat im Laufe der Jahre sowohl an Erfahrung als auch an Bedeutung hinzugewonnen. Grund genug also, „das Zehnjährige“ zum Anlass zu nehmen, um auf die Entwicklung und den Erfolg von match.IT zurückzublicken und gleichzeitig in die spannende Zukunft von M&A im IT-Sektor zu schauen.

Das Ziel war anfangs nur grob umrissen: Als M&A-Beratung hat sich die match.IT GmbH vor zehn Jahren auf den deutschsprachigen IT-Mittelstand spezialisiert. Dieser stand schon damals häufig vor Nachfolgeproblemen, dazu kamen Konsolidierungsdruck und das Problem mangelnder Fachkräfte, während die Innovationszyklen für IT-Produkte und Lösungen gleichzeitig immer kürzer wurden. Die Idee von Ralf Heib war deshalb, Unternehmensverkäufer mit potentiellen Kaufinteressenten zusammenzubringen bzw. Investoren zu finden. Warum gerade er dafür der Richtige zum richtigen Zeitpunkt war, verrät er im Interview.

Herr Heib, wie kamen Sie 2013 auf die Idee, dass eine Marktlücke in der M&A-Beratung besteht? Welches Rüstzeug brachten Sie mit?

Ralf Heib: Vor match.IT hatte ich bereits viele Jahre im Management von deutschen IT-Unternehmen wie IDS Scheer AG und der Software AG und auch in einer internationalen IT-Gruppe gearbeitet. Während dieser Zeit war ich selbst in zahlreiche M&A-Transaktionen involviert. Irgendwann wurde mir bewusst, dass in den nächsten Jahren eine M&A-Welle auf den IT-Sektor und speziell auf den IT-Mittelstand zurollen würde, da der Markt zu diesem Zeitpunkt noch recht unkonsolidiert war und in den Jahren darauf auch viele Gründer allein schon altersbedingt über eine Nachfolgeplanung nachdenken würden.

Mein wichtigstes Rüstzeug war sicherlich meine Branchenerfahrung im IT-Sektor. Dadurch wusste ich, wie die Eigentümer von mittelständischen IT-Unternehmen ticken. Gleichzeitig hatte ich eben auch schon ein sehr gutes Netzwerk in der IT-Branche, auf das ich aufsetzen konnte. Dies, gepaart mit meinem betriebswirtschaftlichen Hintergrund und den M&A-Erfahrungen aus früheren Tätigkeiten waren schließlich eine verlässliche Basis, um direkt in den Markt einsteigen zu können.

Und wie erfolgte dann der Start?

Ralf Heib: Ganz klassisch: man entwirft zunächst ein Marketing-Konzept und geht dann auf die definierte Zielgruppe zu. Bei mir hat das tatsächlich auf Anhieb sensationell gut geklappt. Ich nahm mir die Zeit, einen Fachartikel über die Herausforderungen von M&A im IT-Sektor zu schreiben und dieser wurde dann in einer SAP-Fachzeitschrift veröffentlicht. Eine Woche später rief schon der erste Interessent an und wir vereinbarten einen Termin. Darauf folgte der erste Auftrag – und mit diesem Kunden, ein strategischer Investor aus dem SAP-Umfeld, führte ich dann in Folge gleich mehrere Projekte erfolgreich durch. Danach half dann häufig auch die viel besagte Mund-zu-Mund-Propaganda, um weitere Aufträge zu gewinnen.

Das klingt ja nach einem echten Traumstart, aber gab es dabei auch Hürden zu überwinden? Welchen Herausforderungen sahen Sie sich am Anfang gegenüber?

Ralf Heib: Der Einstieg lief tatsächlich sehr gut. Zu diesem Zeitpunkt waren wir mit unserer speziellen Positionierung ja fast allein am Markt unterwegs. So kamen wir sehr schnell mit geeigneten Interessenten ins Gespräch. Hürden ergeben sich aber trotzdem immer wieder: So ist der M&A-Markt auch sehr stark von der wirtschaftlichen Entwicklung des Gesamtmarktes und der Branche abhängig. Wirtschaftliche Krisen beispielsweise schlagen daher schnell auf die M&A-Nachfrage durch und es kann auch mal zu einer Durststrecke kommen. Wobei der IT-Mittelstand als unser Zielmarkt sich zum Glück bislang als sehr stabil und resilient erwiesen hat.

Zehn Jahre sind seitdem ins Land gezogen. Womit hätten Sie in dieser Zeit nicht gerechnet?

Ralf Heib: Eigentlich, dass der Einstieg so schnell und ohne große Hürden gelingen konnte. Und in den Projekten überrascht mich bis heute, wie wichtig die Soft Facts sind und dass ein M&A-Berater daher sehr häufig auch als Psychologe gefragt ist. Vordergründig geht es zwar viel um Strategien, Zahlen und Geld, aber die meisten Probleme im M&A-Prozess entstehen, wenn die Chemie zwischen den Beteiligten nicht stimmt oder das Vertrauen fehlt oder verloren gegangen ist. Letztendlich ist ein Unternehmensverkauf immer eine sehr persönlicher Sache für den Eigentümer. Er gibt sozusagen sein Baby aus den Händen. Und da hängen verständlicherweise viele Emotionen dran.

Ist es deshalb nicht extrem schwer, den Zugang zu verkaufsbereiten IT-Mittelständlern zu bekommen?

Ralf Heib: Ja, das ist schon richtig. Das Thema M&A ist gerade im deutschsprachigen Raum nach wie vor ein überaus vertrauliches und sensibles Thema. Insofern ist es nicht gerade einfach, mit dem Eigentümer eines IT-Unternehmens darüber ins Gespräch zu kommen. Anderseits ist ebenso klar: Bei fast allen Eigentümern ist dieses Thema irgendwann im Hinterkopf präsent. Und wenn man die richtige Ansprache findet, öffnen sich auch schnell die Türen. Allerdings können diese umgekehrt auch recht schnell verschlossen bleiben, wenn man beispielsweise zu unsensibel vorgeht.

Welchen Weg zur Kundengewinnung haben Sie denn für sich und die match.IT gefunden? Wie sind Sie vorgegangen?

Ralf Heib: Interessanterweise haben wir schon sehr früh – also noch vor MS Teams und Zoom – mit Webinaren gearbeitet. Da konnten sich die Eigentümer zunächst einmal vom Computer aus einwählen, also ohne, dass jemand sie sehen und identifizieren konnte. Und danach kam man dann von ganz alleine ins Gespräch. Veranstaltungen zum Thema Unternehmensverkauf, bei denen man möglicherweise direkt neben seinem Wettbewerber sitzt, mögen die Eigentümer aus nachvollziehbarem Gründen meist nicht so sehr. Was auch vielfach geholfen hat, waren Empfehlungen, sodass von Anfang an schon einmal ein Grundvertrauen vorhanden war.

Können Sie noch etwas detaillierter auf Ihr erstes Kundenprojekt eingehen?

Ralf Heib: Mein erster Auftrag war ein Kaufmandat. Ein SAP-Lösungsanbieter hatte uns beauftragt, für ihn ein SAP-Beratungsunternehmen zu kaufen. Da war ich natürlich in meinem Element, da ich zuvor viele Jahre in der SAP-Beratung unterwegs war. Daraus sind dann wie schon erwähnt noch einige Folgeprojekte entstanden, sodass ich den Kunden auf seinem Wachstumsprozess nachhaltig begleiten konnte. Für diesen Kunden hatten wir dann beispielsweise auch im Ausland ein Zielunternehmen gefunden.

Worin liegt das Neue in Ihrem Beratungsansatz?

Ralf Heib: Das ist sicher die Verbindung von klassischem M&A-Prozess mit den Besonderheiten der IT-Branche. Für den Kunden ist es natürlich sehr wichtig, dass der Berater die Besonderheiten der Branche kennt. Dadurch erhalten wir in der Regel einen Vertrauensvorschuss und es ermöglicht uns einen reibungslosen Einstieg in solche Projekte.

Es heißt, sie hätten extra ein neues Vorgehensmodell entwickelt. Können Sie dieses mit wenigen Sätzen kurz vorstellen?

Ralf Heib: Mir war von Anfang an wichtig, die besonderen Werttreiber von IT-Unternehmen in unserem Vorgehensmodell für M&A-Transaktionen zu berücksichtigen. Unsere Vorgehensweise haben wir dann auch folgerichtig M&A Value Loop genannt. (vgl. Grafik)

Welche IT-Unternehmen haben Sie in den letzten zehn Jahren beraten? Waren das eher klassische Systemhäuser? Und welche Beratungsschwerpunkte haben sich bei den Projekten herauskristallisiert?

Ralf Heib: Wir haben über die Jahre eine recht große Bandbreite an IT-Unternehmen beraten – vom Softwarehaus, über IT-Beratungen und IT-Dienstleister, bis hin zu Digitalagenturen und Systemhäusern. In letzter Zeit waren beispielsweise Softwareentwicklungsunternehmen mehr gefragt, weil hier die Digitalisierung und der Fachkräftemangel als Nachfragetreiber besonders stark wirkten.

Spannend ist außerdem, dass wir in jüngster Zeit – insbesondere nach Corona – immer mehr Kaufmandate betreut haben. Das sind dann nicht mehr nur die klassischen strategischen Investoren aus der IT-Branche, sondern vermehrt auch branchenfremde IT-Anwendungsunternehmen und Finanzinvestoren wie Private-Equity-Unternehmen und Family Offices. Durch solche Kaufmandate verfügen wir heute auch über gute Erfahrungen und Einblicke auf beiden Seiten des M&A-Verhandlungstisches.

Gibt es ein Kundenprojekt, das Sie an dieser Stelle besonders hervorheben möchten? Und was war dabei das Besondere?

Ralf Heib: Oh, in den vergangenen zehn Jahren gab es natürlich viele interessante Projekte. Und spannend ist es meistens, da es ja in solchen Projekten in der Regel um sehr viel geht. Oft handelt es sich dabei um das Lebenswerk des Gründers. Besonders gemocht habe ich die Projekte mit unseren ausländischen Kunden, weil hier immer auch noch interkulturelle Aspekte im M&A-Prozess eine Rolle gespielt haben. So hatten wir Kunden in Australien, Portugal, Italien und haben sogar eine Akquisition in Argentinien begleitet.

Wenn man den Zeitraum von 2013 bis heute betrachtet – inwiefern hat sich der M&A-Markt für den IT-Sektor verändert?

Ralf Heib: Der Markt ist auf jeden Fall noch dynamischer geworden. Gerade die Entwicklung in den letzten drei Jahren war extrem dramatisch: Erst hatten wir einen fast kompletten Stopp aller M&A-Projekte aufgrund von Corona und kurz darauf ging es dann mit einer unheimlichen Nachfragewelle nach IT-Unternehmen weiter, die dann über fast zwei Jahre andauerte. Gerade die Finanzinvestoren haben hier für eine weitere Professionalisierung des M&A-Geschäfts gesorgt. Und jetzt mit der Phase der multiplen Krisen ist der Markt natürlich auch nicht einfacher geworden. Zum Glück hat sich der M&A-Markt für den IT-Mittelstand als recht stabil erwiesen. Und es gilt wie immer: nach dem Deal ist vor dem Deal.

Würden Sie heute etwas anders machen, wenn Sie nochmals starten könnten?

Ralf Heib: Gar nicht so viel. Wichtig ist der Mut, einfach anzufangen und dann auch Erfahrungen in den Projekten zu sammeln. Wenn ich mir heute das Geschäft so ansehe, dann spielen natürlich die Kundenkommunikation und das Marketing über Social Media wie zum Beispiel LinkedIn eine deutlich dominantere Rolle. Solche Möglichkeiten hätte ich mir vielleicht auch schon vor zehn Jahren gewünscht, um noch schneller den Einstieg in den Markt zu schaffen.

Vielleicht in einem Satz: Was wünscht sich die Firma match.IT für die Zukunft?

Ralf Heib: Ich wünsche mir, dass der M&A-Markt für den IT-Sektor weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des für uns alle so wichtigen Megatrends der Digitalisierung leistet und uns dabei weiterhin Eigentümer und Investoren aus dem IT-Markt das Vertrauen schenken, dass wir sie bei ihren M&A-Transaktionen unterstützen dürfen.

Herr Heib, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen auch für die nächsten zehn Jahre viel Erfolg!

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